// Startseite
Lesecafé
| Jornal do Brasil | |
| +++ Sportzeitung für Brasilien +++ | |
|
|
|
Wenn man an einem Donnerstagabend im Dezember ins Estádio São Januário kommt, erwartet man Sonne, Bier und ein bisschen Fußball. Was man bekommt, ist ein kleiner Fußballroman, geschrieben von elf Männern in Schwarz-Weiß und einem Trainer, der offenbar an gute Dramaturgie glaubt. Patrick Kunz Gouveia, der Coach von Vasco da Gama, hatte vor dem Spiel gewarnt: "Wir müssen früh wach sein - Gremio schläft nie." Tja, Gremio war tatsächlich hellwach - etwa neun Minuten lang. Denn schon in der 9. Minute zirkelte Denis Tapalovic, der erfahrene Linksaußen der Gäste, den Ball nach schöner Vorarbeit von José Velazquez ins Netz. 0:1 - und im Gästeblock tanzte man Samba auf südbrasilianische Art. Vasco da Gama dagegen blickte kurz betreten, dann entschied man sich kollektiv: *Jetzt erst recht.* Was folgte, war ein Feuerwerk an Offensivdrang. Andre Boyer, der bullige Mittelstürmer, prüfte Gremio-Keeper David Djalo gleich mehrfach, scheiterte aber an dessen Reflexen. "Ich dachte, er hat Spiderman-Handschuhe an", witzelte Boyer später. Der Ausgleich lag in der Luft - und fiel in Minute 34, wie im Lehrbuch: Boyer legt quer, Takis Nioplias fasst sich ein Herz und hämmert den Ball zum 1:1 ins Eck. Trainer Kunz Gouveia ballte die Faust, grinste und murmelte Richtung Ersatzbank: "So, jetzt spielen wir richtig Fußball." Mit diesem Zwischenstand ging’s in die Pause, und während Huub Stevens, Gremios Trainer-Ikone, in der Kabine wohl an seiner Defensive zweifelte, griff Kunz Gouveia in die Trickkiste: Doppelwechsel! Ingo Da Cru kam für Boyer, Ewan Hunt ersetzte Michael Latham. Eine gewagte, aber geniale Rochade, wie sich herausstellen sollte. Vasco übernahm das Kommando und drückte Gremio tief in die eigene Hälfte. 56 Prozent Ballbesitz, 24 Torschüsse - das war kein Zufall, das war System. In der 64. Minute fiel dann das verdiente 2:1: Koenraad Sleeper, der über die linke Seite wirbelte wie ein tropischer Wirbelsturm, traf nach mustergültiger Vorlage von Nioplias. "Takis hat mir den Ball serviert wie ein Kellner im Fünf-Sterne-Restaurant", lachte Sleeper später. Gremio wirkte konsterniert, der sonst so stoische Huub Stevens warf seinen Notizblock auf den Boden. Man munkelt, er habe "Unfassbar!" gebrüllt - oder war’s holländisch? Die Gäste versuchten zu reagieren, wechselten offensiv: Hannigan und Bancroft kamen, Munro holte sich prompt Gelb. Doch wer dachte, Gremio würde noch einmal zubeißen, wurde enttäuscht. Vasco da Gama hatte Spaß - und das sah man. In der 81. Minute setzte Innenverteidiger Harry Cochran die Krone auf: Nach einem Eckball von der linken Seite, getreten von Samuel Henderson, stieg Cochran in die Luft und köpfte wuchtig zum 3:1 ein. "Ich wollte eigentlich nur die Frisur retten", grinste der Abwehrmann nach dem Spiel, "aber dann war der Ball halt drin." Die letzten Minuten waren eine Mischung aus brasilianischer Lässigkeit und taktischer Disziplin. Michel Pilat sah in der 88. Minute Gelb - "ein Souvenir", wie er später lachend meinte -, während Gremios Jozsef Titkos in der Nachspielzeit verletzt vom Feld humpelte. Ein bitterer Schlusspunkt für die Gäste, deren Abend schon lange vorher entschieden war. Huub Stevens blieb nach Abpfiff gefasst: "Wir haben zu viele Chancen liegen lassen und zu viel Respekt gezeigt. Aber ich habe schon schlimmere Nächte in Rio erlebt." Patrick Kunz Gouveia hingegen strahlte über beide Ohren: "Das war unser bestes Spiel seit Wochen. Drei Tore, keine Overtime, kein Elfmeter - manchmal ist Fußball einfach schön." Vasco da Gama zeigte, dass Spielfreude und taktische Cleverness keine Gegensätze sind. Mit 3:1 (1:1) feierte das Team einen verdienten Sieg am 10. Spieltag der 1. Liga Brasilien. Gremio Porto Alegre dagegen reiste mit leeren Händen, gelben Karten und einer Portion Selbstkritik nach Hause. Oder wie ein Fan auf der Tribüne murmelte, während der Abendhimmel über Rio glühte: "Wenn Vasco so weiterspielt, tanzt bald ganz Brasilien nach ihrer Pfeife." Ein bisschen übertrieben? Vielleicht. Aber an diesem Abend klang der Rhythmus eindeutig nach Schwarz-Weiß. Im Pokal kam es zu einem Finale, das wohl kaum jemand auf der Rechnung hatte. Sämtliche Favoriten hattens sich mehr oder weniger früh verabschiedet und so spielte Botafogo gegen Madureira um den Titel, der 11. gegen den 9. der Liga. Madureira konnte sich relativ glatt mit 3:1 durchsetzen. Dessen Trainer Reu konnte nach zahlreichen Vize-Meisterschaften immerhin den zweiten Pokalsieg seines Vereins für sich verbuchen: "Wenn die anderen Vereine nicht wollen, dann greifen wir eben zu!" Der internationale Höhenflug der Vereine Brasiliens hält an. Platz 5 in der Länderwertung konnte gehalten werden. Höhepunkt war sicherlich CruzeNiro, das in das Finale der Copa Libertadores als erster brasilianischer Verein seit 1678 einziehen konnte. Das Endspiel gegen den argentinischen Verein Boca Yuniors ging trotz Führung noch mit 2:1 verloren, dennoch ist die Tendenz unverkennbar: die brasilianischen Vereine tasten sich immer mehr an die amerikanische Spitze heran. Nach vielen Jahren musste der ehemalige Spitzenverein Sao Luis in die 2. Liga absteigen. Nach dem Ausscheiden des Trainers Alex Dee konnte der Verein seine sportliche Stärke unter seinen Nachfolgern nicht halten und musste jetzt den bitteren Gang in die 2. Liga antreten. Ebenfalls nach langer Zeit absteigen mussten Gremio und Curitiba. Trotz aller nationalen Überlegenheit konnte sich Vasco da Gama nicht den Pokal sichern und unterlag Duque de Caxias in einem spannenden Finale mit 2:3. Lange sah man wie der sichere Sieger aus, musste aber kurz vor Schluß den entscheidenen KO durch Rodrigo hinnehmen. Dessen Trainer selbstbewusst: "Wir wussten, wir hatten keine andere Chance: Gegner einlullen und kurz vor Schluß zuschlagen!" Ein Teiler von 11 wäre noch vor einigen Saisons die Einleitung zu einem internationalen Debakel geworden. Mittlerweile ist die Liga stark genug, mitzuhalten und verfügt über einige konkurrenfähige Vereine. Duque de Caxias schaffte es bis ins Endspiel, das man aber besonders bitte in der Schlußphase des Spiels verlor: bis zur 85. Minute führte Duque de Caxias mit 2:1 und kassierte dann noch zwei Treffer. Trainer Johnny Joint: "Wir wussten, wir hatten keine andere Chance: Gegner einlullen und kurz vor Schluß zuschlagen. Hat unser Gegner wohl dummerweise erfahren und den Spieß umgedreht!" Mit einem spontanten Karnevalszug feierten Fans von Botafogo das große Comeback von Franz Asberger in Rio. Dieser hatte vor einigen Saisons die Stadt verlassen (wohl wegen nichtgezahlter Parktickets), sich in der Folge aber immer wieder ins Gespräch gebracht. Das plötzliche Verschwinden von Botafogos Trainer Ebbe Ebbesen machte dann den Weg frei für Asberger: "Keine Ahnung, was mit Ebbesen passiert ist! Woher soll ich das wissen? Klar, ich profitiere davon, aber damit habe ich nichts zu tun!" Vielleicht doch. Jornal do Brasil fand heraus, dass Ebbesen von einem Käfer im Hafen von Rio umgefahren wurde und im Hafenbecken verschwand. Der Käfer soll Asberger gehören, der ihn allerdings zwei Stunden vorher als gestohlen gemeldet hatte. Von dem Käfer fehlt jede Spur. Die Trainer der anderen Vereine Rios haben angekündigt, ihre Käfer-Flotte wieder aufzurüsten. |
Präsident Pedrinho wollte diese aufkommenden Gedanken und Fragen der Reporter auf der heutigen Pressekonferenz schnell im Keim ersticken, da ihm auch eine kleiner Coup gelungen ist. Ein bekanntes Gesicht aus der Vergangenheit schmückte die heutige Pressekonferenz, in welchem Pedrinho den neuen Coach Patrick Kunz Gouveia von Vasco vorstellte, welcher schon 3x an der Seitenlinie der Cariocas gestanden hatte und nun eine gewisse Seriosität wieder in das Umfeld bringen soll. Pedrinho betonte, dass er sehr glücklich sei, dass man ihn trotz seiner erfolgreichen Arbeit beim FC Santos verpflichten konnte, aber der Charme an der Copacabana zu trainieren und zu leben ließ auch den bisherigen Coach der Paulistas nicht los. Auch sollen ein paar bisherige Weggefährte ihn in dieser chaotischen Zeit mit Erfolg um Unterstützung gebeten haben. Der gebürtige Hesse dankte zunächst für das unkomplizierte Gespräch mit dem Präsidenten vom FC Santos, der ihm vor allem wegen der bisherigen positiven Entwicklung des Vereins diesen Wunsch nicht verwehren wollte. Nach der Frage, was seine aktuellen Ziele mit Vasco seien, sagte Hr. Kunz Gouveia ganz klar, die bisherigen Wettbewerbe mit geringfügigen Veränderungen im Kader so erfolgreich wie möglich die nächsten 2-3 Saisons zu gestalten und danach dem Einfluss der Jugend stärker Gehör zu schenken. Dass dieser das kann, bewies er gerade zuletzt beim Konkurrenten FC Santos, der mit einem beeindruckenden Altersschnitt von 21 Jahren im Mittelfeld der Liga mitmischt. Wir können dem neuen/alten Coach nur viel Erfolg wünschen und sind auf die Entwicklungen der nächsten Monate gespannt. Vitorino Teixeira wechselte vor 2 tagen zu uns. Da er ein Vertragloser Spieler war. Der Wechsel ging für beide Seiten sehr schnell . Ein großer Umbruch wird auch entstehen für die Zukunft. Da viel Spieler in entsprechen Renten alter gekommen sind und ihr bestens für den Club geleistet haben Gremio hat nach FC Sao Luis und Flamengo Madureira den drittbesten Zuschauerschnitt. BG: Es war eine sehr schöne Zeit! Ich war jetzt knapp 43 Saisons Trainer von einem der berühmtesten Vereine der Welt und es hat viel Spaß gemacht! Ich habe Flamengo aus der 3. Liga raufgeholt, und jetzt spielt der Verein dauerhaft oben mit, mit einem 5-Sterne-Stadion und einem Kader, der komplett aus der eigenen Jugend kommt! Da bin ich stolz drauf! Highlights waren natürlich die beiden Pokalsiege und vor allem die Meisterschaft! Es hätten mehr Titel sein können, immer wieder junge Leute einsetzen zu müssen, kostet Punkte und Spiele, aber die Titel, ich gewonnen habe, habe ich ausschließlich mit Jungs aus Rio geholt, das war mir mehr wert als einige Titel mehr. JdB: Warum der Kader nur mit eigener Jugend? BG: Der moderne, durchkommerzialisierte Fußball kotzt mich an. Die Mannschaft spielt schlecht? Alle rauswerfen und neue Söldner holen. Mir haben immer Vereine imponiert wie etwa Athletic Bilbao, die ihren Kader aus der Heimatregion bestücken und deutlich machen: ihr seid die Jungs von hier, ihr seid die Spieler des Vereins! Euer Verein steht für Eure Heimat! So steht Flamengo mit seinen Spielern für Rio de Janeiro und für Brasilien. Außerdem ist es für mich einfach brasilianischer, wenn Spieler wie Coelho oder Ferreira über den Platz rennen als Müller oder Kokraschinski. Wenn Brasilien, dann Brasilien. JdB: Was verbindet Sie mit Brasilien? Hat es Sie nie ins Ausland gezogen? BG: Hin und wieder habe ich schon überlegt. Aber Brasilien steht für das "jogo bonito", für den schönen Fußball. Spieler wie Péle, Garrincha, Zico oder Sócrates haben Fußball in einer wunderbaren Schönheit auf den Platz gezaubert und uns allen etwas Großartiges geschenkt. Diesen Fußball gibt es seit etwa 35 Jahren eigentlich nicht mehr und ich wollte etwas von diesem "jogo bonito" zurückholen. JdB: Werden Sie etwas von fmo vermissen? BG: Gewiß nicht so manche Spielberechnung ... Trotzdem halte ich fmo für ein gutes Spiel, leider weniger für ein Fußballspiel, aber für ein sehr gut durchdachtes Managerspiel. Am meisten vermissen werde ich sicherlich ein paar Managerkollegen, die mir ans Herz gewachsen sind, insbesondere aus Brasilien. Wir haben in Brasilien wirklich miese Zeiten erlebt, das schweißt schon zusammen. JdB: Béla, wir danken für dieses Interview! Angesichts diese Szenen versprach Guttmann, seinen noch 1,5 Saisons laufenden Vertrag zu erfüllen. "Bis ich die Handynummern, die mir weibliche Fans zusteckten, alle ausprobiert habe, kann ich hier nicht weg aus Rio!" Stinksauer kündigte darauf der Co-Trainer, der sich Hoffnungen auf die Nachfolge Guttmanns gemacht hatte. Die Timão’s haben nun ein komplett ausgebautes 2* Stadion. 27.000 Sitzplätze in feinster Qualität! Zusätzlich wurde über alle Plätze eine Überdachung installiert! Scolari berichtet:"Wir haben ein wunderschönes Stadion gebaut. Für die nächsten Jahre sollte das reichen. Unser Ziel ist natürlich der Aufstieg in Série A! Momentan sind nur junge Spieler im Kader. Das Ziel ist auf die Zukunft gerichtet, nicht auf die Gegenwart! Wir benötigen noch einige Zeit um zu reifen. Es ist schön dass wir viele große Talente in der Mannschaft haben. Ganz Brasilien wird uns noch um unsere Spieler beneiden, wenn nicht die ganze Welt!" Filipão bittet nun die anwesenden Journalisten Nachhause zu gehen um sich auszuruhen, etwas Geduld zu zeigen und die Timão’s in Ruhe arbeiten zu lassen. "Lasst uns bitte in Ruhe arbeiten, es reicht jetzt! Kümmert euch lieber um Flamengo, Cruzeiro, Vasco oder den anderen! Am Besten berichtet ihr über das Finale der Amerikaliga mit Duque de Caxias!" Im Anschluss verlässt Scolari die Medienrunde! Die Feierlichkeiten um die Arena werden wohl die ganze Nacht andauern. Schon jetzt hat die Polizei viel zu tun. Die ganze Liga atmet auf, dass der Bann gebrochen ist: auch andere Mannschaften als Cruzeiro können Meister werden! Entsprechend laut tönt die Konkurrenz von Flamengo, Madureira und Duque de Caxias, die mit den Hufen scharrt und Vasco beerben will. Immerhin im Pokal konnte sich Cruzeiro durchsetzen und den Titel holen. In einem spannenden Finale setzte man sich gegen Mineiro mit 2:1 durch. Das entscheidende Tor fiel aus stark abseitsverdächtiger Position in der 95. Minute. Kommentar des Trainers Olli Kahn: "Die dreckigsten Siege sind die schönsten! Prost!" International konnte die brasilianischen Mannschaften eine ordentliche Saison abliefern, aber den eigenen Erwartungen nicht völlig gerecht werden. Beste Mannschaft war wieder Cruzeiro, das in der Copa Libertadores das Viertelfinale erreichte. Platz 5 in der Länderwertung scheint erst einmal gesichert. Verbandspräsident Texeira ist zufrieden: "Wir müssen uns jetzt konsolidieren. Es werden immer mehr Vereine, die international konkurrenzfähig sind. Wir sind auf einem guten Weg." Das Land wird immer voller: immerhin 24 Manager sind mittlerweile in Brasilien tätig. Zwar gab es in letzter Zeit durchaus bittere Abschiede (Alex Dee), andere Trainer (Franz Asberger, Rodrigo Carvalho, Sam Wise, Nico Hauck) kamen wieder zurück oder starteten einen Neuanfang in den unteren Ligen (Fabian Dietz). Konkurrenz belebt das Geschäft. Der Lohn: Platz 5 in der Länderwertung. Heimweh: Trainer Franz Asberger wurde vor einigen Monaten unter spektakulären Umständen bei Fluminense entlassen und kündigte an: "Nie wieder Fußball!" So ein bisschen Fußball gab es dann doch: bei Recife in der 3. Liga, 2.300 km entfernt von Rio. Die Sehnsucht nach der Copacabana wurde allerdings immer größer. Da keiner der Rio-Vereine frei war, ging er nach Brasilia, nur noch 1.800 km entfernt. Zwei Wochen später nach Porto Alegre, 1.600 km entfernt von Rio. Wenn er in dieser Geschwindigkeit weitermacht, wird er in der Saison 07/45 wieder einen Verein in Rio übernehmen. |
| Seite 1 | |
|
|
|
Sprücheklopfer
Jancker - hier nimmt er den Ball mit dem Rücken an.
Günter Netzer